Sellamatt – Arvenbühl, 26. Juli


Die Wanderung in der Ferienzeit, ein neues Angebot des Alpenclubs. Eine über Erwarten gute Beteiligung bestätigt den Wunsch nach einer nicht allzu schwierigen Tour im Sommer. Achtzehn Frauen und Männer nützen diese Gelegenheit zum gemeinsamen Wandern.

Ein turbulenter Start
Die Turbulenzen stammen zur Abwechslung einmal nicht aus der Wetterküche. Schuld sind die Bauarbeiten an der Bahnstrecke zwischen Wil und Nesslau. Bereits in Bütschwil heisst es umsteigen in einen Bus. Ein ganzer Zug in einem Bus! Natürlich ist es ein extra grosser Bus. Aber es ist Sonntag und ein Superwetter. Kommt vielleicht ein zweiter Bus? Nein, alle müssen hinein. Eine Mutter mit einem ängstlichen Kleinkind auf dem Arm. Ein Wanderer, der vergessen hat, seinen Rucksack abzunehmen und mit seinen aufgeschnallten Stöcken andere Leute gefährdet. Ein älterer Mann faucht ihn mit wüsten Worten an. Zwei junge Frauen, eng umschlungen, installieren sich direkt vor mir. Vom Eingang her wird energisch weiter gestossen. Von vorne eine Alkoholfahne. Eine der Minderjährigen sagt zur anderen: „Zum Glück habe ich das Lachsbrötchen nicht mehr gegessen, sonst müsste ich jetzt kotzen, mir ist hundsmies, aber ich kann ja anlehnen.“
Einer sagt: „Der kommt doch hier nicht mehr weg, so voll fahren ist sowieso verboten.“ Damit meint er den Bus. Ein erster Versuch missglückt, der Motor stirbt ab. Jetzt den Tiger, und tatsächlich bewegt sich das Gefährt. Die erste Kurve nimmt der Chauffeur noch vorsichtig, dann aber hat er die Sache im Griff. Wir erreichen den Bahnhof Lichtensteig zum Glück ohne Schnellbremsung. Dort werden wir erlöst und können uns wieder in einem Zug verteilen. Nach erneutem Umsteigen in Wattwil kommen wir mit gut zehn Minuten Verspätung in Nesslau an. Des erste Postauto ist rasch gefüllt. Gruppen müssen kurz warten auf einen Extrakurs nach Alt St. Johann. Aha, die PTT – Leute kennen den guten Wetterbericht.
Aber der Stress ist noch nicht vorbei. Auf der Sellamatt steigt ein Aelplerfest, also anstehen an der Seilbahnkasse. Oben im Berggasthaus ist zum Glück reserviert. Draussen ist bereits viel Betrieb.

Sagengestalten, eine Höhle und ein tiefes Loch.
Bevor wir loswandern wird noch einmal gezählt. Jemand fehlt, eine Frau. Logisch, die Frauen mussten an der Toilette auch anstehen. Endlich können wir dem Trubel entrinnen. Ein Spassvogel fragt zwar: „Müssen wir wirklich wandern, jetzt, wo die Musik zu spielen beginnt?“ Er weiss, dass er keine Antwort bekommt. Bei uns spielt die Natur. Ueber uns die ganze Kette der Churfirsten und schräg hinter uns die Gipfel des Alpsteins. Und wir auf einem abwechslungsreichen Pfad, einem Abschnitt des Toggenburger Höhenweges.
Die breite Terrasse mit den ausgedehnten Alpweiden überrascht uns mit Moorlandschaften und Tümpeln. Wer allzu schmutzige Schuhe vermeiden will, muss öfters kurze Ausweichrouten benützen.
Um die Mittagszeit erreichen wir das Wildmannlisloch, eine Höhle von 140m Länge. Trotz Taschen- und Stirnlampen wagt es aber Niemand, weiter als etwa 30m vorzudringen. So weit kann man jedenfalls aufrecht gehen, aber die Steine sind sehr glitschig und der Boden uneben. Einige verziehen sich bald ins Bergrestaurant „Wildmannli“. Andere verweilen an der SF-Feuerstelle, um einen schön gegrillten Servelat verspeisen zu können.
Dann beginnt der anspruchsvollere Teil der Wanderung durch alpines Gelände Richtung „Tritt“, dem Uebergang nach Amden – Arvenbühl. Ein eingezäuntes Loch erhält unsere Aufmerksamkeit. Es soll 300m tief sein. Darum sieht man nur schwarz. Ein Stein wird hinunter geworfen, der aber wider Erwarten rasch aufschlägt. Jemand meint ein Aechzen gehört zu haben.
Mit etwas tiefsinnigen Gedanken streben wir weiter aufwärts und erfreuen uns bald an Legföhren, Schrattengelände und einer prächtigen Flora. Bei der Abzweigung zum Leistchamm verabschieden sich Urs und Markus vorübergehend, um sich noch einen Gipfel hereinzuholen. Der nächste Treffpunkt, die Bergwirtschaft „Looch“ ist ja bekannt. Ein Ort gegen Schluss der Wanderung, an dem das Erlebte diskutiert werden kann. Es wird auch viel gelacht, denn der Seniorchef geht von Tisch zu Tisch und bringt seine Sprüche. Wir sind uns nicht ganz schlüssig, ob er ein abgebrühtes Schlitzohr oder vom Alter etwas gezeichnet ist.
Mit einem nochmals teilweise feuchten Abstieg nach Arvenbühl geht unsere Wanderung zu Ende.
Der Tourenleiter                Erwin Meier