Bericht von der Sommerwanderung

Wir starten in Valendas-Sagogn, unserer Gewohnheit entsprechend mit einem Kaffee. Im Bahnhofsgebäude betreibt Alexandra Primuth die lustige „Besenbeiz Zwischenstation". Sie hat alles vorbereitet, damit wir, fünfzehn Personen, uns unter den Sonnenschirmen setzen können und im Nu ein Getränk erhalten. Markus hilft gekonnt beim Servieren und will auch gleich grosszügig einkassieren. Verblüfft über so viel Initiative meint Wirtin Alexandra lachend: „Das gibt ein heilloses Zahlenwirrwarr, lass mich mal machen." Da sie nicht nur etwas vom „Beizern" versteht, sondern auch Fotografin ist, freut sie sich, von uns ein Gruppenbild machen zu können. Interessanterweise werden ihre Anweisungen für die Aufstellung der Personen gerne befolgt: „Sie da, mit der Brille, bitte nach hinten. Sie da, mit dem Hut etwas mehr nach rechts... nein, nicht so weit. Jetzt lächeln". Und dann macht‘s Klick:

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Bevor wir losmarschieren, wird die Tourenleiterin anhand der Informationstafel vor Ort, noch auf einen bedeutenden Schreibfehler in ihrer Kurzbeschreibung über die Entstehung der Rheinschlucht hingewiesen. Sorry; hier die korrekte Wiedergabe aus dem Lexikon:

Begonnen hat die Geschichte der Rheinschlucht mit dem gewaltigen Flimser Bergsturz. Vor beinahe 10'000 Jahren brachen oberhalb von Flims, zwischen den Bergen Flimserstein und Piz Grisch, über 10'000 Mio. Kubikmeter Fels ab. Sie stürzten mehr als 1'000 Meter in die Tiefe und begruben das Tal des Vorderrheins zwischen den heutigen Dörfern Castrisch und Reichenau auf einer Fläche von über 50 km2 unter einer mehrere hundert Meter dicken Schuttmasse. Der Flimser Bergsturz war der grösste Bergsturz in den Alpen. Durch den Bergsturz wurde der Vorderrhein gestaut. Es entstand so ein grosser Stausee, der Ilanzersee, der jedoch durch die Ruinaulta schon längst abgeflossen ist. Offensichtlich ist der Rhein jedoch noch nicht auf dem ursprünglichen Talboden angelangt.

Dass man sich in der Rheinschlucht eine Gegend unter die Füsse nimmt, die einmalig in der Schweiz ist, wird schnell deutlich. Der Weg führt zuerst zwischen dem grau-weissen Rhein und den Bahngleisen entlang und bietet schon bald einmalige Ausblicke auf die „angefressen“ wirkenden Felsformationen. Beim Carreratobel gelangen wir über viel Geröll direkt ans Wasser. Oskar demonstriert uns den Aufbau eines Steinmannlis. Unmittelbar nach seiner Vollendung müssen wir leider seinen Untergang in die Fluten mitansehen. Nun steigt der Weg leicht an, weg vom Rhein, hinauf zum Weiler Isla mit seinen sattgrünen Wiesen. Gerne geniessen wir für ein kurzes Wegstück den Schatten des Waldes, der sich hie und da für spannende Ausblicke öffnet. Auf dem folgenden Dammweg ist die Sicht zu den bizarren Felsformationen fantastisch; als ob man sich in einer andern Welt bewegen würde. Die in schöner Regelmässigkeit vorbeifahrenden roten Züge der Rhätischen Bahn beleben das Bild und lassen uns im Heute sein.

 

 

 

Nach der Station Versam führt uns der Weg wieder näher ans Wasser bis zur Steilwand Chrummwag. Hier muss der Rhein eine Schlaufe um diese massive Felsmauer machen und wir einen kurzen Aufstieg auf und über diese Felsbarriere. Oben stehen wir da und bestaunen die fantastische Umgebung. Später halten wir auf der „Chli Isla“ Mittagsrast, bevor der kurze, steile Aufstieg zur Aussichtsplattform Conn unsere volle Aufmerksamkeit braucht. Der Vorderrhein rauscht sprudelnd an unserm Rastplatz vorbei. Ein Wagemutiger will sich einen Sprung in das kühle Nass nicht entgehen lassen und erreicht bei ziemlicher Strömung locker das andere Ufer. Selbstverständlich unter Applaus, den wir ihm, den Fluss trockenen Fusses über die Eisenbahnbrücke überquerend, gerne schenken. Kurz vor halb drei erklimmen alle die Stufen zu „Il Spir“ der Aussichtsplattform, welche über dem 400 Meter tiefer liegenden Vorderrhein schwebt. Dieser atemberaubende Blick aus der Vogelperspektive in die Schlucht hinab lässt uns staunen. Es ist, als ob unter uns eine Miniaturlandschaft modelliert wurde. Bald lockt jedoch ein kühles Getränk im nahen Restaurant Conn und eine Pause im Schatten die Wanderer von der heissen Plattform hinunter. Der letzte Abschnitt führt auf einem angenehm schattigen Waldweg zum Ziel Flims-Waldhaus. Ein Teil der Gruppe erreicht das Ziel über den Weg zum 100 Meter tiefer liegenden , die andern über das gemütliche Waldsträsschen mit gelegentlichen Blicken auf den See hinunter. Der vom Wald umgebene See schimmert auffallend türkisgrün. Er wird von unterirdischen Quellen gespeist, sein Abfluss liegt ebenfalls unterirdisch. Von Idylle ist auf dieser Seeseite nichts zu spüren. Leider ist ein grosser Teil des Seeufers abgesperrt, reserviert für Badende und allerlei Eventtourismus. Mit Bedauern müssen wir an einem massiven Maschendrahtzaun entlang laufen. Allerdings ist die Landschaft unvergleichlich. Zum Schluss gönnen wir uns die Fahrt mit dem Standseillift nach Flims-Waldhaus. Mit der pünktlichen Heimfahrt beschliessen wir diese schöne, abwechslungsreiche Wanderung. Die Sonne hat es an diesem Tag verstanden, auf alle Gesichter zufriedene Mienen zu zaubern. Die Tourenleiterin: Ruth Mühle