Vom Bisisthal nach Braunwald

19. und 20. Juli 2014

Vom Teufel gepflügte Karrenfelder,
wilde Talkessel, tiefe Schrunden steile Pfade,
von Schafen gemähte Alpweiden und eine Alpenflora in voller Blüte.


Am Samstagmorgen starten sechs Leute in Pfungen;  in Zürich, Zug, Goldau und Schwyz kommen
weitere Teilnehmende hinzu, die an der verschobenen 2 Tages Bergtour teilnehmen. Wir sind nicht
die Einzigen die Wandern wollen. Der Bus durchs Muotathal in Richtung hinterstes Bisisthal ist gut
besetzt. Endstation ist die Talstation der Luftseilbahn Sahli, wo wir uns jedoch nicht in die Warteschlange stellen, da wir den ganzen Weg zu Fuss machen wollen. Zum Start wie üblich eine kurze Einkehr in der Alpwirtschaft Sahli. Die Wirtin Daniela freut sich über unseren Besuch, doch noch mehr freut sich die kleine Katze. Neugierig schleicht sie um unsere Rucksäcke, erwischt einen geöffneten und schwups steckt sie fast vollständig im Innern bei den „Fleischkügeli“. Leichtfüssig gehen wir vorerst auf der Waldstrasse Richtung Ruosalp, zweigen dann bei P 1285 auf den Pfad zur Alp Gwalpeten. Bereits hier wird das Alpgelände steil und unser Aufstieg an diesem Hitzetag recht schweisstreibend.
 
 Die saftig grünen Weiden sind durchsetzt mit Blacken und es liegen viele graue Kalkbrocken, die wiederum geschmückt sind mit Alpenrosen. Rechts ragen steil die Felsen des Mären auf und vor uns der Glatten. Jetzt erst können wir sehen, wo unser Pfad hinaufführt. Die blau-weissen Wegzeichen sind sowohl im steilen Wiesenbord wie auch im felsigen Gelände gut zu erkennen. Sanftes Grün wechselt sich ab mit viel Geröll und schroffen Felsbrocken und vielfarbigen Alpenblumen. Wir gewinnen an Höhe und sehen schon bald auf das 700 Meter unter uns liegende Staubecken im Saliboden und im Südwesten erscheint die Schächentaler Windgällen.

Nun haben wir eine Pause verdient. Gestärkt steigen wir durch das schluchtartige Bockalpeli hinauf zum Firner Loch, dem lieblichen Plateau zwischen Läckistock und Glatten. Von hier führt ein extrem steiler Weg hinunter in den Urnerboden.

Beeindruckend ist die uns zugewandte Seite des Glatten. Wie gestaltete Terrassen liegen die Karstplatten übereinander und geben so ein Bild wie eine Mondlandschaft. Wir wenden uns nordwärts zur weiten Charren-Arena der Mären mit den hellgrauen Felsblöcken, Platten und Spalten. Die Charrenfelder sind einmalig spannend, man kraxelt auf nacktem Felsen von Block zu Block, über eigenartig geformte Spalten und Trichter.
Karst oder Charren werden die vom Wasser ausgelaugten Kalkgesteine genannt. Über Tausende Jahre hinweg wurden sie vom Wasser geformt. Polsternelken schmücken da und dort diese Öde.  Mären ist nicht nur eine riesige Karstfläche, es gibt auch einen richtigen Gipfel mit Gipfelkreuz und Aussicht sowie eindrücklichem Blick hinunter ins Bisisthal und zur Glattalp. Hier können wir auch schon unser Ziel von morgen sehen. Den Ortstock. Was, das soll der markante Ortstock sein?! Na ja, so von der Rückseite her macht er wirklich keinen erhabenen Eindruck!
Nach einer kurzen Pause beim Gipfelkreuz widmen wir uns dem steilen, recht anspruchsvollen Abstieg durch das  „Amphiethater“ Inner Brüelchälen. Die 450 m hinunter im stotzigen Geröllfeld fordern Konzentration aber das Rutschen über kleinere Schneefelder macht Spass. Nach viel Geröll erreichen wir den lieblichen Schafboden und die von stolzen Gipfeln eingerahmte Glattalp. Man kennt sie auch als Kältetrog der Schweiz mit Tiefsttemperaturen im Winter. Einige Stunden und über 1200 Höhenmeter sind wir nun schon unterwegs, weshalb sich alle auf die Entspannung und ein gutes Nachtessen in der Glattalphütte freuen. Wir werden nicht enttäuscht.

 Sonntag: Glaubt man dem Wetterbericht, dürfte das Wetter heute eine Lotterie werden. Um sieben Uhr verlassen wir nach dem feinen Sonntagsfrühstück die Hütte, wandern dem Glattalpsee entlang, und steigen gemächlich den Schotterhang hinauf zur Furggele. Ortstock, Höch Turm und wechselnde Wolkenbilder sind immer in Sicht. Einmal müssen wir kurz die Regenjacken hervor holen, doch schnell ist der leichte Schauer wieder vorbei. Unsere Hoffnung, dass die angekündigte Schlechtwetterfront sich verspätet, wird immer grösser. Bei der Kurzpause auf der Furggele betrachten wir fasziniert den Kletterberg Höcht Turm und das vor uns liegende Terrain auf dem Weg nach Braunwald.

Schnell machen sich fünf Ortstockbesteiger ohne Rucksack auf den Weg zum Gipfel. Wie sie nachher berichten, legten sie ein Rekordtempo auf und genossen diesen Abstecher auf 2717 m. Leider  verhinderten viele Wolken die an sich grossartige Aussicht vom Gipfel. „Macht nichts, es hat sich trotzdem gelohnt“ lautete ihr Kommentar! Für den Rest der Gruppe beginnt jetzt schon der Abstieg von der Furggele. Wir passieren das zuerst steile und dann harmlose Schuttfeld hinunter zum Lauchboden und merken überrascht, wie sich die Einöde am Fuss des Ortstocks auf einmal in einen flachen, grünen Garten verwandelt. Nur die Schafe sind abwesend. Unsere Route vom Lauchboden zum Bützi führt noch einmal ins Karstgelände, das hier allerdings von Grasmatten durchzogen ist. Es ist unmöglich, durch dieses Gelände zu wandern ohne stehen zu bleiben und die Vielfalt an Blumen zu bewundern, speziell Edelweiss und Türkenbund. Im Auf und Ab über die felsigen Formationen oberhalb der Legerwand zu gehen ist genial und bringt zusätzliche Höhenmeter. Die umliegenden Berge sind in leichte Wolken gehüllt und ab und zu befürchten wir einen Regenguss. Doch allen Meteo-Prognosen zum Trotz kommt sogar noch die Sonne hervor. Bevor wir den Gumen erreichen, müssen wir noch die Steilstufe nach dem Bützi bewältigen. Faszinierend ist der Blick zurück auf die markante Legerwand mit ihren Felstürmen und Schrunden. Zweieinhalb Stunden sind wir seit dem Lauchboden unterwegs und stellen dabei fest, dass die Zeitangaben auf manchen Wegweisern definitiv falsch sind.

Wunderbar schmeckt der Kaffee im Restaurant Gumen während wir Ausschau nach unsern Orstockbesteigern halten und uns über das unerwartete Wetterglück freuen. Es ist kaum zu glauben, nur eine gute halbe Stunde nach uns treffen unsere Ortstockbesteiger ein. Nicht zu übersehen bzw. zu überhören ist ihr verdienter Stolz und der Spass über das erreichte Tempo. Immerhin haben sie 300 Meter auf- und abwärts zusätzlich geleistet.


Mit einer Stunde Vorsprung auf den Tourenplan nehmen wir die Gumenbahn hinunter nach Braunwald. Auf 2er-Sesseln sitzt man quer zur Fahrtrichtung, wie früher bei alten Bahnen und geniesst während der Fahrt das herrliche Bergpanorama. Eine bemerkenswerte, lange Tour ist zu Ende und wir fahren zufrieden nach Hause. Schön dass ihr so motiviert und wetterfest dabei gewesen seid.


Ruth Mühle