Wanderung auf dem Gantrisch-Panoramaweg

18. Juli 2015

Früh und bei frischen Temperaturen bestiegen wir den Thurbo. Kurz nach neun verliessen wir 15 Teilnehmer aus Pfungen und Dättlikon das Postauto beim Berghaus Gurnigel auf 1600 m bei 17°. Im Gasthaus wärmten wir uns bei Kaffee und Gipfeli auf. Der verletzungsbedingt verhinderte Reiseleiter Andreas Meier hatte so grosszügig gesponsert, dass es für eine zweite Runde reichte. Etwas verspätet drängte René zum Aufbruch. Es war noch recht dunstig und ausser den auf einem grossen Platz übenden Töffs erkannten wir auch die rasch nahende weisse Wand. Rechtzeitig vor dem Regen schlüpften wir in einen Schopf, um uns wetterfest einzupacken. Allerarten Pellerinen, Hüte, Schirme etc. wurden ausgepackt und nach den ersten Schauern starteten wir bei lockerem Regen ebenso locker zum höhenmässigen Gipfel, dem Selibüel auf 1750m. Durch lichten, bald dichteren Wald ging‘s auf schmalen Pfaden hinunter zum Selibüelsattel und gleich wieder empor zur Schüpfeflüeh, einem Felszacken von 1721 m, mit Rast. Die Aussicht war noch etwas durchzogen, allerdings hatten ja alle noch das gestochen scharfe Bild vom Anschlagkasten vor Augen. Faulhorn, Wetterhorn und Rosenhorn – der ACP war schon oben – das Schreckhorn – René war schon drauf – liessen sich erahnen. Die Jungfrau, wohl die Einzige weit und breit, hielt sich bedeckt. Das Tenue konnten wir bereits erleichtern, das nasse Gras sorgte aber weiterhin für Wasserkühlung an Füssen und Beinen, der verbreitete Purpurenzian fand dafür genügend Beachtung. Beim Abstieg zog sich Armin eine schmerzhafte Oberschenkelzerrung zu und erreichte stark hinkend den Mittagsrastplatz bei der zum Verkauf stehenden Süftenenhütte. Aktuell berät der Vorstand über den Kauf des Objekts als etwas abgelegenes Klubhaus. Der Platz war mit einem festungsmässigen Grill und genügend Sitzgelegenheiten ausgestattet. Bereits erwärmte zaghafter Sonnenschein die Regenutensilien und brachte sie zum Dampfen. Das Feuer war wegen Brandgefahr, sprich zu nassem Holz, abgesagt worden, das übliche Holzsammeln blieb uns somit erspart.
Während Burgi mit Armin die kürzeste Verbindung zum Zielort wählte, hielt sich René an die vorgesehene Route, die zum nächsten Höhepunkt, dem Gägger, führte. Hier wurde ein Lothar-Denkmal gesetzt, indem die Sturmschäden nicht aufgeräumt wurden (Lothar = Sturm vom 26.12.1999 und Kollege von Theres, dieser erhielt umgehend ein Föteli). Um die Natur nicht zu stören, wurde der Weg auf einem ca. 2 m hohen Steg geführt. Der Zivilschutz und Sponsoren machten dies möglich. Der auf der Karte vermerkte Aussichtsturm war 3 m hoch und bot max. 4 Personen Platz. Es zeigte sich, dass sich als Primärpflanzen vor allem die Eberesche (Vogelbeere) und das Weidenröschen durchsetzen konnten. Auf dem Gägger (1635 m) zeigte sich schon mehr Aussicht. Neuenburgersee, Bielersee oder Nebelstreif? Auch die nächste Erhebung, die Pfyffe auf 1668 m, erklommen wir ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Die mögliche Abstiegsvariante liessen wir wegen fehlenden Ermüdungserscheinungen links liegen, auch die kurze Leiter schwächte das Tempo nur unmerklich ab. Nach dem Horbüelpass auf 1575 m folgte ein letzter Anstieg auf namenlose 1608 m, hier aber mit Pause und guter Aussicht auf Freiburg, Chasseral etc. Das Guggershörnli zeigte sich als geringe Erhebung weit unten. Irene liess auf der Kante der Terasse nicht nur die Seele sondern auch die Beine baumeln. Magnus und Heinz verpackten ihre Pellerinen akribisch liebevoll zu kleinen Päckchen.
Drei geschnitzte Zwergen machten dem Braunwaldner Zwerg Bartli Konkurrenz. Sie wiesen auf die nahe Zwergenhöhle hin, die gemäss Inschrift in einem Gebüsch bei Thun enden soll. Wegen fehlender Lampe (Handymuffel) konnte ich diesen Tatbestand nicht verifizieren. Beinahe wurde beim Abstieg die Abzweigung verpasst, weil der Weg wenig begangen und verwachsen war. Zielstrebig ging’s nun bergab zum Zielort Ottenleuenbad (schon mal gehört?). Das Restaurant bot alles was das Herz begehrt, vom Eiscafé über gewaltige Méringues zu Bier und Apfelsaft. Einzig die Verteilung stiess an logistische Grenzen. Burgi und Armin waren schon da und hatten die besten Plätze für uns reserviert, die ihnen niemand streitig machte. Das grandiose Spenderbudget erlaubte es René, auch hier die erste Runde zu übernehmen; es gab nochmals heftigen Applaus. Das Suchen von ab- oder anwesenden Sponsoren gehört fortan zur Vorbereitung des Reiseleiters.
Die Rückfahrt mit dem genialen Rufbus durchs Berner Hinterland war eindrücklich. Wie schön ist doch unsere Schweiz! Der Grexit ist hier weit weg. Der Kanton Bern wird auf freundeidgenössische und murrend solidarische Weise von den Geberkantonen jährlich mit CHF 1.2 Milliarden unterstützt, d. h. CHF 1253 pro Kopf. Ohne Darlehen und somit auch ohne Zinsen. Wir Schweizer machen das doch ganz besonders gut, oder? Auf dem Weg nach Schwarzenburg folgten wir dem Schwarzwasser.  Von Schwarzenburg, Endstation der hiesigen BLS-Linie,- fuhren wir an heimeligen, mit vielen Blumen geschmückten Anwesen vorbei. Eine imposante Brücke überspannte das Schwarzwasser kurz vor dem Zusammenfluss mit der Sense.
Auf dem Heimweg erkundigte ich mich, ob und wer denn den Bericht schreiben würde. Dies erwies sich als Bumerang, mit Akklamation war ich dazu bestimmt. Gründliche Binde-Strich-Leser fanden noch den Weg in die Badi, wo der Gemeinderat Spaghetti mit diversen Saucen servierte. Zugleich konnte man noch den neuen Gemeindeschreiber Stephan Brügel mit Frau Doris kennenlernen.

Technische Daten: Länge 12 km, 600 m Aufstieg, 770 m Abstieg, reine Marschzeit 4 Stunden.
Baugeschichte: www.gantrisch-panoramaweg.ch

Herzlichen Dank, René, für die abwechslungsreiche Gratwanderung ohne Asphalt.
Oskar Bollinger